Ein Komposthaufen für Ideen [Gastbeitrag]

ein Notizbuch liegt auf einem zugeklappten Laptop


Warum unstrukturierte Notizbücher ein Schlüssel zur Inspiration sein können

Ein Stapel mehrere Notizbücher vor grauem Hintergrund

Ich muss ungefähr 13 Jahre alt gewesen sein, als ich angefangen habe, Gedanken und Beobachtungen in Notizbücher jeder Form und Farbe zu schreiben. Buchstaben waren schon früh mein Weg, mir die Welt zu erschließen. Deshalb ist es kein Wunder, dass ich heute einen Beruf ausübe, in dem Worte die Hauptrolle spielen. Ich bin PR-Beraterin bei Tag und Autorin bei Nacht. Obwohl ich mein Geld damit verdiene, Kommunikation zu gestalten, wäre ich viel lieber Schriftstellerin.

Egal ob Broterwerb oder Autorin in the making: In beiden Rollen brauche ich Kreativität. Bekanntermaßen kann man die aber nicht ein- und ausschalten wie einen Lichtschalter.

Manchmal ist zwar klar, wohin ein Gedankengang soll, aber die Worte bleiben doch im Stift stecken. Für Schreibblockaden oder Probleme bei der Ideenfindung gibt es tausende von Lösungen – von der klassischen Mindmap bis zu modernen Design Thinking Methoden – aber für mich tut es oft mein einfacher Komposthaufen.

Gedanken, Zitate und Beobachtungen für später eintuppern

Die Welt beobachten und ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie Menschen funktionieren, ist eine wichtige Grundlage sowohl für Kommunikation als auch fürs Schreiben. Für mich gehört dieses Beobachten so fest zu meiner Identität wie meine Liebe zum Geschichtenerzählen. Schon früh habe ich deshalb angefangen, Äußerungen von Menschen – egal ob im realen Leben oder in Fiktion – für mich zu sammeln. Ich besitze Notizbücher voller Zitate aus Songs, Büchern, Serien und Filmen. Mit Dialogen, die ich im Freundeskreis geführt oder bei Fremden aufgeschnappt habe. In diesen unstrukturierten Aufzeichnungen finden sich außerdem plötzliche Gedankenblitze: Von Ideen für mein aktuelles Romanprojekt über einzelne Sätze für Dialoge im Manuskript und unstrukturierte Gedanken bis hin zu Ansätzen für mögliche Plots kommender Projekte. Alles, was mich in Worten bewegt, findet in diesen Notizbüchern Platz.

Ich hebe mir meine Gedanken und Beobachtungen quasi „für später“ auf. Es ist keine Seltenheit, dass einer meiner Charaktere irgendwann einen Satz sagt, den ich Monate oder sogar Jahre zuvor in anderem Zusammenhang notiert habe. Deshalb sind meine Notizbücher auch mein stetiger Begleiter. Ich trage sie meist überall mit mir herum und sprinte morgens auch schon mal zum Schreibtisch, um einen kruden Traum darin festzuhalten.

Auf dem Komposthaufen vermischt sich erfolgreich, was nicht zusammengehört

Das Konzept des sogenannten „Compost Heap“ hatte bei mir lange keinen Namen, bis ich mir eine Schreib-Masterclass von Neil Gaiman anhörte. Der berühmte Fantasy-Autor nutzt seine Notizbücher auch in einer solchen Form und bezeichnet sie als seinen „Komposthaufen“. Er schreibt sich Beobachtungen und Dinge, die ihn inspirieren, auf, um später durch die Bücher blättern zu können, wenn es mal an Ideen mangelt.

Dazu sind solche Notizbücher Gold wert: Als eine Sammlung von Inspiration, die den Geist anstupsen kann, wenn er nicht in Schwung kommen will. Und manchmal stehen da ein Zitat aus einer Serie und eine Beobachtung von Menschen im Supermarkt nebeneinander, irgendein Zahnrad rastet ein, und die Ideen-Glühbirne im Hirn springt an.

Bei dieser Methode gibt es keine Regeln, keine Zensur. Jemand in einer Serie sagt etwas, wozu man nur heftig nicken kann? Ein Tweet trifft ins Schwarze? Die beste Freundin macht einen guten Witz? Eine winzige Idee für einen Roman oder einen Blogbeitrag oder was auch immer schwirrt durch die Synapsen? Rein damit ins Notizbuch! Ohne Struktur, ohne Gliederung, einfach aufs Papier gebannt.

Wenn man später durch die Bücher blättert, offenbart sich dann meist doch eine Struktur. Weil ein Gedanke eben oft zum anderen führt und unterbewusst eine Idee ausbrütet.

Regelmäßig Gedankenmüll rausbringen und auf guten Dünger hoffen

Allerdings kann man sich auch den Gefallen tun, ein bisschen Regelmäßigkeit in sein Kompostieren zu bringen. Ich zum Beispiel schreibe regelmäßig meine im Kindle markierten Stellen in Büchern, die ich gelesen habe, in einer „Book-Quote“ – Liste runter. Wenn ich eine Serie zu Ende gesehen habe, google ich mir die Zitate meiner Lieblingsstellen zusammen oder schreibe mir kurz auf, warum die Serie für mich gut funktioniert hat.

Aufgeschlagenes Notizbuch mit Zitaten aus Büchern
Einblick in eines meiner Komposthaufen-Notizbücher.

Diese Form des ritualisierten Reflektierens hilft nicht nur der Kreativität und Inspiration. Es ist auch in stürmischen Zeiten eine schöne Form von Hirnwellness. Selbst wenn man keine Autoren-Aspirationen hat, kann die Technik also Sinn machen.

Compost Heap Notizbücher zu führen, bedeutet Gedankenmüll rausbringen und darauf warten, dass Ideendünger daraus wird.


Die Gastautorin ist PR-Beraterin und Autorin tätig. Sie bloggt u.a. unter dem Pseudonym Time Drop auf Instagram.

2 Antworten zu “Ein Komposthaufen für Ideen [Gastbeitrag]”

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