Punk is not dead. Punk is going to be a designer now

Wir leben in einer Welt der Fast Fashion, in der die Kollektionen der Modelabels immer schneller und trendbezogen designt und zu niedrigen Preisen produziert und verkauft werden. Bei manchen Fast-Fashion-Unternehmen wie Zara oder H&M dauert der Prozess zwischen Design und Verkauf durchschnittlich fünf bis sechs Wochen. Reine Onlinehändler wie Asos oder Boohoo sind teilweise noch schneller, bieten eine noch größere Auswahl und verkaufen zum Teil Artikel, bevor sie überhaupt produziert werden. Dabei bietet Fast Fashion den Vorteil, sich nicht an einen Stil binden zu müssen, sondern viele unterschiedliche Kleidungsstücke zu besitzen, die günstig ersetzt werden können.

Ökologisch und Ökonomisch ist diese Fast Fashion jedoch eine Katastrophe. Laut Greenpeace verursacht Fast Fashion einen hohen Ressourcenverbrauch unter schwierigsten Arbeitsbedingungen sowie erhöhte Umweltverschmutzung aufgrund der Produktion in Niedriglohnländern. 35 % des weltweiten Anteils von Mikroplastik in den Meeren ist auf Fast Fashion zurückzuführen. Grund hierfür ist die Verwendung von Polyester als günstige Faser bei der Produktion von Textilien. Beim Waschen löst sich das Mikroplastik und gelangt durch häusliches und industrielles Abwasser in die Gewässer. Dabei ist Polyester nicht einmal angenehm zu tragen. Man schwitzt schnell, der Geruch frisst sich ins Kleidungsstück und lässt sich auch nicht mehr durch Waschen entfernen.

Aber muss man deswegen auf moderne Kleidung und angesagte Fashion verzichten? Nein!

Der Trend geht zum Selbernähen. Es gibt auf Tik Tok und Instagram eine immer größer werdende Nähcommunity, deren Designs und Stoffe nichts mehr mit dem bunten selbstgenähten Pumphosen der frühen 2000er zu tun haben.

Bei stoffe-autfitzz oder bara-studio kommt man teilweise sogenannte „Deadstocks“ bzw. „kalte Ware“. Das sind Stoffe von großen Designern wie Dolce & Gabbana, Vivien Westwood oder gar Hermés aus vergangenen Kollektionen zu völlig bezahlbaren Preisen. Während die Bluse von Stella McCartney ab 750 € zu Buche schlägt, gibt es den Stoff bei Bara-Studio-Firmenchefin Christina für 35 € den laufenden Meter. Wer sich mit aktueller Mode beschäftigt, beispielsweise die InStyle oder Vogue liest, erkennt die Stoffe auf den ersten Blick – auch ohne groß aufgedrucktes Label.

Die Schnittmuster werden von jungen, modebewussten Unternehmerinnen entwickelt, die keine Lust haben, altbacken oder unmodern rumzulaufen. Ihre Kleidung ist modern, leicht zu nähen, bequem und schmeichelhaft. Ziel ist es, dass man am Ende ein geliebtes Kleidungsstück trägt, dass nicht nach selbst genäht oder Ramschtisch aussieht. Das hat nichts mit der Burda-Fashion zutun, die unsere Großmütter in den 60ern genäht haben. Sehr viele dieser jungen Modelabels für Schnittmuster bieten YouTube Tutorials an und zeigen dort Schritt für Schritt wie das Kleidungsstück genäht wird. So sind auch Anfänger gut aufgehoben und brauchen keine Angst vor anspruchsvolleren Schnitten zu haben.

Die Vorteile vom Selbernähen liegen auf der Hand: Endlich können wir bezahlbare Designermode tragen. Das Kleid auf Pinterest, in das wir uns verliebt haben und unerschwinglich ist, wird kurzerhand selbst genäht und individuell angepasst. Der Stolz, dass man dieses wunderschöne Kleid selbst genäht hat, macht es unbezahlbar, genauso die Komplimente, die man unweigerlich bekommt. Zudem wird man Teil einer neuen Community, die sich über Schnitte, Stoffe und neueste Trends austauschen und sich gegenseitig hilft.

Und auch Frauen mit mehr Kurven finden endlich ihren Zugang zu schöner, nachhaltiger Mode. Denn leider wird diese im Handel nur sehr vereinzelt für Größen ab 42/44 angeboten.

Wieso bei Kleidung halt machen?

Aber nicht nur Kleidung wird selbst genäht. Das Startup Bags&Pieces verkauft DiY-Boxen für hochwertige Lederhandtaschen. In diesen Boxen findet ihr alles was ihr braucht, um eure Designer-Handtasche aus Leder individuell zu fertigen – ganz ohne Nähmaschine. Am Ende habt ihr eine Handtasche, der man auf keinen Fall ansieht, dass sie selbst genäht ist. Und auch hier – wer Gründerin Vivian auf Instagram folgt, hat immer wieder Möglichkeiten seltene Leder für Sondereditionen zu ergattern. So gab es im Juli zum Beispiel Ziegenleder, das ursprünglich für die berühmte Boy Bag von Chanel (!) produziert wurde, im September kann man bei Caviar-Leder von Dior zuschlagen.

Wer kreativ ist, nimmt die DiY-Box als Grundlage und individualisiert die Tasche weiter nach eigenen Vorstellungen oder orientiert sich dabei an den großen Taschendesignern wie Chloé oder eben Chanel.

Mittlerweile bietet Vivian auch DiY-Sets für Sandalen an, die das Herz jeder Fashionista höher schlagen lassen.

Wie starten?

Anfängerkurse fürs Nähen mit der Nähmaschine gibt es schon zu günstigen Konditionen bei den Volkshochschulen und oft reicht ein Wochenendkurs um sich mit den Grundlagen vertraut zu machen. Und keine Sorge, ihr drückt dort nicht den Altersschnitt. Insbesondere junge, modebewusste Frauen melden sich zu diesen Kursen an um endlich selbst Kleidung designen, nähen und tragen zu können. Aber auch YouTube kann euch dank zahlreicher Videos schnell die Grundlagen vermitteln – und das völlig gratis.

Also los, schnappt euch den neuesten Boho-Schnitt von La-Bavarese, shoppt euren Lieblingsstoff (großer oder kleiner Designer) und rockt euer eigenes Fashionatelier.

Ganz nach dem Motto:

Punk is not dead. Punk takes a sewing course at the weekend to become more independent from the fashion industry.

4 Antworten zu “Punk is not dead. Punk is going to be a designer now

  1. Toller Beitrag! Es ist einfach nur verwunderlich, warum in den Modegeschäften gefühlt jeden Monat eine neue Kollektion hängen muss. Muss es nämlich nicht! Ich kaufe überwiegend schon lange meine Kleidung second Hand, meistens bei Vinted (früher Kleiderkreisel). Da spar ich ein wenig Geld und teilweise ja noch neue Kleidung bekommt ein neues Zuhause. 🙂

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    • Du hast völlig recht! Vinted kann ich auch nur empfehlen – wenn man etwas vorsichtig ist. Leider muss man dort auch hinsichtlich Betrügereien aufpassen.

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      • Ja das stimmt. Ist mir auch aufgefallen in letzter Zeit. Merkt man aber auch ganz schön daran, wenn die Accounts sehr komische Benutzernamen haben und noch gar keine Bewertungen. Ich bin bisher aber sehr zufrieden.

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